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Produkt- und Löschwasserrückhaltung bei Betriebsstörungen

Für Unternehmen, die mit Gefahrstoffen umgehen, ist es der Worst Case: Kommt es durch eine Betriebsstörung zum unkontrollierten Austritt größerer Gefahrstoffmengen, drohen gravierende Konsequenzen für Mensch und Umwelt. Insbesondere der Brandfall, bei dem das Löschwasser der Feuerwehr auf gefährliche Betriebsstoffe trifft, ist ein typisches Risiko, mit dem Anlagenbetreiber rechnen und für das sie Vorsorge treffen müssen. Im Folgenden betrachten wir typische Havarieszenarien, die auch Ihr Unternehmen betreffen können. Wir geben einen Überblick zu Ihren gesetzlichen Betreiberpflichten und stellen Ihnen die passenden Lösungen zur Produkt- und Löschwasserrückhaltung vor.

Ausbreitung frühzeitig stoppen – gravierende Schäden verhindern

Obwohl verantwortungsbewusste Unternehmen den Themen Sicherheit und Umweltschutz oberste Priorität einräumen, zeigen Schadensereignisse aus der Vergangenheit: Trotz umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen können Betriebsstörungen nie gänzlich ausgeschlossen werden. So kommt es leider immer wieder vor, dass z.B. bei Brandereignissen kontaminiertes Löschwasser in umliegende Gewässer gelangt und dort massive Schäden anrichtet. Die Folgen tragen nicht nur Umwelt und Tierpopulation, sondern auch Mitarbeiter sowie die Menschen in der Nachbarschaft. Ist zum Beispiel das Grundwasser von Verunreinigungen betroffen, drohen mitunter schwerwiegende gesundheitliche Folgeschäden für die Anwohner. Um das Schadensausmaß bei Betriebsstörungen entscheidend zu begrenzen, sind Maßnahmen zur Produkt- und Löschwasserrückhaltung von großer Bedeutung. Sie verhindern zwar nicht die Betriebsstörung selbst – aber sie helfen effektiv dabei, die Ausbreitung gefährlicher Flüssigkeiten frühzeitig zu stoppen und zu verhindern, dass diese sich unkontrolliert in umliegende Bereiche, Böden und Gewässer ausbreiten.

Allgemeine Betreiberpflichten und mögliche Betriebsstörungen, die Sie im Blick haben sollten

In Vorbereitung auf eine mögliche Betriebsstörung sind Anlagenbetreiber dazu verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, um das Austreten gefährlicher Stoffe in die Umwelt bestmöglich zu verhindern. So ist es eine der Grundsatzanforderungen des Wasserrechtsgesetzes (WRG), dass Anlagen so geplant, errichtet und betrieben werden müssen, dass bei einer Betriebsstörung anfallende Gemische zurückgehalten werden, die ausgetretene wassergefährdende Stoffe enthalten können (§31 Abs.1 WRG). Zudem müssen Betreiber verbeugend Maßnahmen implementieren, um die Auswirkungen von Betriebsstörungen so gering wie möglich zu halten: Kann bei einer Betriebsstörung nicht ausgeschlossen werden, dass wassergefährdende Stoffe aus Anlagenteilen austreten, hat der Betreiber unverzüglich Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu ergreifen (§31 Abs. 2 WRG).

In Zusammenhang mit dem Austritt wassergefährdender Flüssigkeiten haben Unternehmen meist entweder mit größeren Produktaustritten aus Anlagen zu tun oder aber mit Brandereignissen, bei denen z.B. kontaminiertes Löschwasser zurückgehalten werden muss.

Bei der Identifikation möglicher Gefahrenquellen sollten insbesondere folgende Ursachen berücksichtigt werden:

  • Betriebliche Gefahrenquellen

  • Umgebungsbedingte Gefahrenquellen, wie Erdbeben oder Hochwasser

  • Eingriffe Unbefugter

Szenario 1: Größerer Produktaustritt aus Anlagen

Austritte größerer Gefahrstoffmengen können vielfältige Ursachen haben. Kritische Unfallschwerpunkte sind z.B. Rohrleitungen, in denen wassergefährdende Flüssigkeiten gefördert werden. Hier einige Beispiele häufig festgestellter Unfallursachen:

  • Beschädigungen durch Anfahren mit Betriebsfahrzeugen

  • Unbemerkte Korrosionsschäden / Materialverschleiß

  • Bedienfehler

  • Störungen im Prozessleitsystem

  • Unwetterschäden

Kann bei einer entsprechenden Betriebsstörung nicht ausgeschlossen werden, dass wassergefährdende Stoffe aus Anlagenteilen austreten, ist der Betreiber gesetzlich dazu verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu ergreifen (§31 Abs. 2 WRG).

Fallbeispiel: Toluol-Freisetzung in Köln

Anfahren einer Toluol-Verladerohrleitung durch einen Autokran. Dabei wurde die Rohrleitung beschädigt und Toluol gelangte in den Boden. Die näheren Ursachen und der Ereignisablauf werden von einem nach § 29b BImSchG anerkannten Sachverständigen im Rahmen einer sicherheitstechnischen Prüfung untersucht.

Fallbeispiel: Rohölfreisetzung in Gelsenkirchen

An einem nicht durchströmten Rohrleitungssystem - einem so genannten toten Ast - trat auf Grund von Innenkorrosion eine Rohölleckage (ca. 2.100 kg) auf. Der Leckageort war in der Umpumpleitung eines Lagertanks. Die Umwälzpumpe wurde umgehend abgestellt und das ausgetretene Produkt soweit möglich mittels Saugwagen aufgenommen. Der verunreinigte Boden wurde entfernt (90-100 m3) und ordnungsgemäß entsorgt. Das Grundwasser wurde durch das ausgetretene Produkt nicht verunreinigt.

Fallbeispiel: Zinksulfat-Freisetzung in Duisburg

Ein Arbeiter wollte eine verstopfte Rohrleitung zwischen Behälter und Pumpe freimachen. Dazu schloss er ein Handventil am Behälter (Inhalt 15.000 l) und öffnete die Rohrleitung vor der Pumpe. Offenbar war das Handventil nicht vollständig geschlossen, so dass nach Freimachen der Leitung die Zinksulfat-Rohlösung (ca. 15 % Zn) aus dem Behälter ausgelaufen ist. Der Mitarbeiter öffnete das Ablassventil des Behälters und entleerte ihn in die Auffangwanne. Jedoch lief ein Teil der Lösung über die offene Leitung vor der Pumpe in die Rohstoffhalle. Trotz Rückhaltemaßnahmen des Betriebes liefen ca. 500 l über das westliche Tor auf die Freifläche vor der Halle. Von dort gelangte es über das betriebliche Kanalsystem in das 6-Kammer-Becken. Es wurden sofort alle umliegenden Kanaleinläufe mit Kanalabdeckungen verschlossen. Ein Kanaleinlauf war jedoch mit einer Palette verstellt. Als man das entdeckt hatte, wurde sofort der Auslauf des 6 Kammer-Beckens Richtung Kanalisation verschlossen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Zn-belastetes Abwasser über das 6 Kammer¬Becken ins öffentliche Kanalnetz gelangt ist. Es wird von ca. 50 l Rohlösung ausgegangen.

Quelle: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen

Szenario 2: Brandereignis / Kontaminiertes Löschwasser

Im anlagenbezogenen Gewässerschutz spielt die Rückhaltung von Löschwasser eine wichtige Rolle. Wird das Löschwasser im Brandfall mit wassergefährdenden Produktions-, Hilfs- oder Betriebsstoffen verunreinigt, kann es erhebliche Folgeschäden verursachen, sobald es in umliegende Gewässer gelangt oder im Erdreich versickert. Dieses Gefahrenpotential wird auch vom Gesetzgeber im WRG besonders gewürdigt. So verpflichtet er Betreiber von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen explizit dazu, im Brandfall Maßnahmen nach dem Stand der Technik zur Zurückhaltung des kontaminierten Löschwassers zu ergreifen..

Ermittlung des erforderlichen Rückhaltevolumens

Beim Löschen von Bränden werden große Mengen an Wasser und Stoffen freigesetzt, die einen großen Schaden hervorrufen können. Häufig ist der reine Löschschaden größer als der (durch das Löschen geringer gehaltene) Brandschaden selbst. In Österreich wurde häufig in Anlehnung an die deutsche Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie (LöRüRL) entschieden, welche Mengengrenzen enthielt, ab derer eine Löschwasserrückhaltung zu berücksichtigen ist, und die darüber hinaus den Anlagenbetreibern konkrete Grundlagen zur Berechnung des benötigten Löschwasser-Rückhaltevolumens für Lageranlagen lieferte. Die LöRüRL wurde jedoch vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zum 01.01.2020 außer Kraft gesetzt. Es existiert derzeit noch keine allgemein anerkannte Ersatzregelung. Zukünftig wird die Rückhaltung von Löschwasser nicht mehr in der LöRüRL, sondern direkt in der AwSV geregelt und gilt somit nicht nur mehr für Lageranlagen, sondern für alle Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Die AwSV enthält bereits den §20, welcher allgemeine Vorgaben zur Löschwasserrückhaltung enthält. Die Formulierung ist jedoch wenig konkret und führt daher zu unterschiedlichen Interpretationen seitens der zuständigen Behörden. Mit einer zurzeit noch als Entwurf vorliegenden Änderungsverordnung zur AwSV sollen die Anforderungen konkretisiert und umfangreich erweitert werden. Ein konkreter Termin zum Inkrafttreten der Neuerungen ist derzeit jedoch noch nicht bekannt. Wir empfehlen unseren Kunden daher, die Notwendigkeit einer Löschwasserrückhaltung und im Einzelfall das erforderliche Löschwasser-Rückhaltevolumen in enger Abstimmung mit den jeweils zuständigen Behörden zu ermitteln.

Technische Lösungen zur Produkt- und Löschwasserrückhaltung

Es gibt verschiedene technische Möglichkeiten, um das bei der Brandbekämpfung anfallende Löschwasser oder aus Anlagen austretende Gefahrstoffe an der unkontrollierten Ausbreitung zu hindern. Eine mögliche Unterscheidung verschiedener Rückhalteanlagen und -systeme kann anhand ihrer Funktionalität getroffen werden:

Selbsttätig wirksame Systeme

Selbsttätig wirksame Systeme sind stationäre Lösungen, bei denen eine Produkt- oder Löschwasserrückhaltung gegeben ist, ohne dass zusätzliche auslösende Maßnahmen eingeleitet werden müssen.

Bauliche Lösungen, z.B.
Löschwasser-Rückhaltebecken außerhalb von Gebäuden, in die das Löschwasser ohne Pumpeneinsatz abfließen kann
Nutzung des vorhandenen Schmutzwasserkanalsystems
Ausbildung der Grundfläche von Lagergebäuden als Auffangraum (mittels Aufkantungen , Türschwellen, Rampen und Auffangrinnen)
genügend dimensionierte Regenwasserentlastungsbecken der Abwasserreinigungsanlage, sofern Dimensionierung und Schnellentleerung dies erlauben
flüssigkeitsdichte Freilagerflächen und Ladezonen mit Gefälle, die gegen den unkontrollierten Ablauf zum Rand hin durch eine umlaufende Aufkantung gesichert sind
Stauvolumina innerhalb der Gebäude (z.B. KeIlergeschoß) und von speziellen Auffangräumen (bei brennbaren Flüssigkeiten ist auf eine ausreichende mechanische Belüftung zu achten)
leerstehende Tanks mit entsprechendem Zuleitungssystem ohne Pumpen

Nicht selbsttätig wirksame Systeme

Nicht selbsttätig wirksame Systeme ermöglichen eine Produkt- oder Löschwasserrückhaltung erst nach Einleiten technischer und/oder organisatorischer Maßnahmen. Man unterscheidet hier u.a. in stationäre und mobile Varianten.

Stationäre automatische Systeme, z.B.
Löschwasser-Rückhaltebecken, in die das Löschwasser im Brandfall durch automatisch angesteuerte Pumpen gefördert wird
automatisch angesteuerte Löschwasserbarrieren, die im Brandfall durch die Detektion von Brandkenngrößen, z.B. von Rauch oder Wärme, angesteuert werden und automatisch in die Absperrposition fahren
Stationäre manuell auszulösende Systeme, z.B.
von Hand auszulösende Flüssigkeitsbarrieren, die in ihren Halterungen fest installiert sind und durch Handauslösung, d.h. durch Muskelkraft, gespeicherte Energie (Gewichtskraft, Federkraft) oder Hilfsenergie (z.B. elektrisch, hydraulisch, pneumatisch) in die Absperrposition gefahren werden.
manuell einzusetzende stationäre Flüssigkeitsbarrieren, die von Hand in hierfür am Einsatzort fest installierte Halterungen eingesetzt werden
Mobile Systeme, z.B.
mobile Flüssigkeitsbarrieren, z.B. zur Befüllung mit Wasser
Kanalabdichtungen
mobile Auffangbehälter (Leckagewannen, Leckageauffangplanen etc.)
Abdichtstopfen

Stationäre manuell auszulösende Flüssigkeitsbarrieren

Ausstattungsoptionen für Technische Raumsysteme

Mobile Rückhaltesysteme

Leckagebereinigung

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